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Das Köchinnengrab

Am Grenzstein, da wo der Weg nach Gräfenthal abwärts führt, liegt das Köchinnengrab. Das Volk weiss darüber folgendes zu berichten: Vor langen Jahren hat einmal auf dem Lauensteiner Schloss eine Köchin im Dienst gestanden; die war ein aussergewöhnlich hübsches Mädchen, aber ein sehr leichtfertiges Geschöpf, welches bald mit diesem, bald mit jenem eine Liebschaft unterhielt.

Die Folgen davon sollten nicht ausbleiben und so musste sie, um ihre gute Stellung auf dem Schlosse nicht einzubüssen, ihr Kind, als sie es heimlich zur Welt brachte, bei armen Tagelöhnern in einem Nachbardorfe verbergen.

Nicht lange darauf lernte sie einen braven jungen Bauernburschen, den einzigen Sohn wohlhabender Eltern, kennen. Dem hatte es das hübsche Mädchen angetan, sodass er ihr Herz und Hand antrug. Auch das Mädchen mochte den schmucken Burschen wohl leiden und wäre gar zu gern eine reiche Bauersfrau geworden. Aber da stand ihr das Kind im Wege, das sie ja ihrem zukünftigen Mann doch nicht länger verheimlichen konnte. Und da sie keine anderen Mittel und Wege zur Beseitigung des kleinen Geschöpfes fand, so nahm sie es eines Nachts hinauf zum Grenzstein und begrub es bei lebendigem Leibe.
Diese unerhörte Freveltat wurde bald ruchbar und das empörte Volk übte an der unnatürlichen Mutter grausame Vergeltung.

An den Haaren schleifte man sie zur Stätte ihres Verbrechens und bohrte ihr daselbst einen glühenden Pfahl mitten durchs Herz. Dort oben am Grenzstein, wo sie ihr Kind verscharrt hatte, liegt auch sie begraben; und wer an gewissen mondhellen Nächten um die Mitternachtsstunde des Weges geht, der sieht das Mädchen auf dem Steine hocken und mit den Fingern die Erde nach ihrem toten Kinde durchwühlen. Andere wollen dort zur Nacht-zeit einen Leichenzug gesehen und Gesang und Glockenläuten vernommen haben.

 

Das Köchinnengrab - Ein geheimnisvoller Flurname bei Lauenstein

Ein geheimnisvoller Flurname bei Lauenstein (historische Betrachtung von Kreisheimatpfleger und Stadtarchivar Siegfried Scheidig)

Wo der alte Verbindungsweg von Lauenstein nach Gräfenthal die Gemeindegrenze, die hier mit der bayerisch-thüringischen Landesgrenze identisch ist, erreicht, findet man rechts des Weges einige alte bearbeitet Sandsteinfragmente, die über die historische Bedeutung dieses Platzes Aufschluss gibt.

Seit vielen Generationen wird diese Flurstelle in der Bevölkerung einfach als "Grenzstein" bezeichnet. Der eigentliche Name dieses Ortes geriet im Laufe der Zeit in Vergessenheit. Auf historischen Landkarten und in vielen Grenzbeschreibungen des früheren Amtes Lauenstein findet man die Bezeichnung „Frauengrab“, „bey der Köchin Grab“, „Köchinnengrab“ oder „Köchingrab“.

Was hat es mit diesem eigentümlichen Namen auf sich? In der vom Lauensteiner Burgherrn, Dr. Erhard Messmer, nach Erzählungen der Bevölkerung zusammengetragenen und im Jahr 1902 erstmals veröffentlichten Sammlung „Sagen und Sänge vom Lauenstein und Loquitztal“ findet man die Erzählung: „Das Köchinnengrab“.1

Mein Großvater (geb. 1893) erzählte mir des Öfteren, dass zu seiner Jugendzeit oben am „Grenzstein“ noch zwei Steinbuckel zu sehen waren, von denen „die Alten“ sagten, es seien die beiden Grabsteine einer Köchin und ihres Kindes.

Bei diesen „Steinbuckeln“ handelte es ich wohl um Fragmente von früheren Grenzsteinen, wie sie an dieser Stelle in größerer Anzahl vorhanden waren und zum Teil noch sind. Vor wenigen Jahren wurden die im Gelände herumliegenden Sandsteine von Lauensteiner Heimatfreunden am ursprünglichen Standort wieder eingegraben und mit einer Informationstafel versehen.

Der heute als „Grenzstein“ bezeichnete Flurteil war seit jeher ein markanter Ort. Hier kreuzte die uralte Verbindungsstraße von Lauenstein ach Gäfenthal den von Lichtenhain herkommenden und ins so genannte „Geiersnest“ führenden Grenzweg, der 1501 erstmals beschrieben wurde.2 Er bildet die Grenze zwischen den ehemaligen Herrschaften bzw. Ämtern Lauenstein und Gräfenthal. Im Jahr 1394 hatte Graf Otto von Orlamünde, Herr zu Lauenstein, seine Herrschaft Gräfenthal an den Markgrafen Wilhelm von Meißen verkauft und wieder als Lehen empfangen. Damit erlangte diese bis dahin nur auf dem Papier bestehend Grenzlinie eine, wenn auch noch untergeordnete Bedeutung. Mit dem Erbteilungsvertag der Grafen von Orlamünde von 1414 und dem anschließenden Verkauf der Herrschaft Lauenstein 1427 an den Markgrafen Friedrich von Brandenburg wurde diese Grenze zwischen den bis dahin vereinigten orlamündischen Herrschaften endgültig gefestigt. Die auf sächsischem Gebiet liegende Herrschaft Gräfenthal kam bald als Lehen an die Reichserbmarschälle von Pappenheim du die markgräflich-brandenburgische Herrschaft Lauenstein ach verschiedenen Besitzerwechseln an die Ritter von Thüna. Fast gleichzeitig nahmen die jeweiligen Landesherren im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts wieder Besitz von den aneinandergrenzenden Herrschaftsgebieten und wandelten diese in Verwaltungsämter um.  Zu Beginn des 19. Jahrhunderts grenzten hier das Herzogtum Sachsen-Saalfeld-Coburg (ab 1826 Herzogtum Sachsen-Meiningen) auf der einen Seite und das Königreich Preuße (bis 1803), das Kürfürstentum bzw. ab 1806 Königreich Bayern auf der anderen Seite aneinander. 1920 kam das Herzogtum Sachsen Meiningen zum Land Thüringen  und aus dem Königreich Bayern wurde 1919 der Freistaat Bayern.

Die Jahrhunderte alte Herrschafts-, Landes-, Gerichts- und Jagdgrenze wurde nach 1945 als „Zonengrenze“ zwischen der amerikanisch und der sowjetisch besetzten Zone allmählich zum unüberwindlichen „Todesstreifen“, der die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik trennte. Nach 1945 war der „Grenzstein“ einige Jahre Grenzkontrollstelle am Ortsverbindungsweg von Lauenstein nach Gräfenthal zwischen der amerikanischen und der sowjetischen Besatzungszone. Nahe beieinander standen auf bayerischem und auf thüringischem Gebiet die Kontrollbaracken der Amerikaner und der Russen. Nur wenige Schritte vom „Köchinnengraf“ traf nach der Auflösung des Landes Thüringen im Jahr 1952 die Grenze zwischen DDR-Bezirken Gera und Suhl auf die bayerische Grenze.

In vielerlei Hinsicht war diese Stelle an der Grenze ein markanter, wichtiger Grenzpunkt, der über Jahrhunderte mit einem Wappenstein markiert war. Der letzte Wappenstein wurde 1725 gesetzt. Im Laufe des 19. Jahrhunderts trat an seiner Stelle ein einfacher Sandstein mit den Buchstaben HSM (für Herzogtum Sachsen Meiningen) und KB (für Königreich Bayern). Das Fragment dieses Steines hatte man im Zuge der deutsch-deutschen Grenzvermessung 1975/76 durch einen Granitstein mit der Aufschrift DDR ersetzt, der kurz nach der Wiedervereinigung gestohlen wurde.

Anlässlich dieser deutsch-deutschen Grenzvermarkung entfernte man auch die im Grenzverlauf bzw. knapp daneben liegenden Sandsteine, die nach der Überlieferung die Grabsteine einer Köchin und ihres Kindes gewesen sein sollen.

 

Was hat es nun mit diesem Köchinnengrab auf sich?
Die Sage erzählt in blumiger Sprache von einer Köchin auf der Burg Lauenstein, die des Mordes an ihrem heimlich geborenen Kind beschuldigt und überführt wurde. Das Kind soll sie am Grenz- oder Kreuzweg zwischen Lauenstein und Gräfenthal lebendig begraben haben. Sie sei an gleicher Stelle durch die Strafe des Lebendigbegrabens und Pfählens gerichtet und verscharrt worden.

Fast jede Sage bzw. Überlieferung hat einen wahren Kern. Oft ist allerdings eine so lange Zeit darüber verstrichen und das Geschehene in den Erzählungen des Volkes so stark verschliffen, dass die ursprüngliche Begebenheit nicht mehr oder nur noch sehr schwer zu interpretieren ist.

Die Sage vom Köchinnengrab ist wohl einer der wenigen Fälle, wo der Fund einer historischen Quelle die Überlieferung weitgehend bestätigt.

Die Flurbezeichnung „Frauengrab“ oder „Köchinnengrab“ findet man vom 17. bis zum 19. Jahrhundert auf einer Vielzahl von Landkarten und in zahlreichen Dokumenten, hauptsächlich aber in Grenzbeschreibungen des markgräflich-brandenburgischen Amtes Lauenstein. Mehr als der bloße Name ist aber in der Regel nicht vermerkt.

Nur ein Protokoll vom 29. August 1665 enthält über die Bedeutung dieses seltsamen Namens weitere Informationen. Es handelt sich um die Niederschrift einer Grenzbereitung, verfasst von dem Baumeister und Kartographen Martin Frank (Martinus Franck p. t. Chur-Bayrl. Ing.). Die Grenzbereitung wurde begonnen am „25. Augusti Anno 1665“.

„Die Grentz Bereitung Bey dem Fürstl. Brandenb[ur]g[ischen] Casten Ampt und Gericht Lauenstein vorgenommen, den Anfang selbsten gemacht. Zur Lincken Hand oberhalb Lauenstein auffm Creutz Weg, der von Gräffenthal gen ermelten Lauenstein; der andere aber, alß Grentzweg gegen den Wald, das Geyersnest genand, zugehet, an dem Ort, da es das Frauen-Grab genannt wird, doselbsten der posteritet (Nachkommenschaft) Außsage nach (die es von ihren Eltern: und Voreltern haben) eine Köchin, die auffn Hauß Lauenstein gefienet, umb ihres Kindes heimblichen Mordthat willen, lebendig durch das Hertz angepfählet, und also dabei eingescharret worden. An diesem Ort des Creutzwegs stehen Zwey Buchen, davon die eine etwas ausgefaulet und an dieser Buchen der Marckstein stehet, in der Zahl der erste.“3

Soweit der Auszug aus der Grenzbeschreibung des Amtes Lauenstein. Das Wesentliche der überlieferten Sage wird durch diesen historischen Text bestätigt.

Stellt sich die Frage nach der Zeit, in der dieses grausame Ereignis stattgefunden haben könnte. In dem vorstehenden Text der „Grenzbereitung“ ist von Eltern und Voreltern, die diese Geschichte mündlich überliefert hatten, die Rede.  „Voreltern“ ist in diesem Fall gleichbedeutend mit „Großeltern“. Rechnet man von 1665 zwei, drei Generationen zurück, so hätte dieses Ereignis in den letzten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts stattgefunden.

Einen weiteren Anhaltspunkt könnte der historische Zeitraum der Anwendung dieser grausamen Strafe bieten. Im Sachsenspiegel und den mittelalterlichen Reichsgesetzen ist die Strafe des „Lebendigbegrabens“ nicht enthalten. Erstmals zu finden ist sie in der „Peinlichen Halsgerichtsordnung“ Kaiser Karls V., der so genannten „Carolina“, die auf dem Regensburger Reichstag von 1532 verabschiedet wurde.

„Die Carolina fordert sie nur für Kindesmord. Trotzdem fand diese Strafe Anwendung und zwar hauptsächlich an Frauen und an Männern, die das Verbrechen der Unzucht begangen hatten. Wie diese Strafe genau vollzogen wurde, ist aus den vorhandenen Quellen nicht mit Sicherheit zu entnehmen. Mit Wahrscheinlichkeit ist jedoch folgendes anzunehmen: Der Täter wurde lebend und gefesselt in eine am Galgen ausgehobene Grube gelegt und diese über ihm zugeschüttet. Um eine Wiederkehr des Gerichteten zu erschweren, legte man ihn, wie bei einem Selbstmörder, mit dem Gesicht nach unten und häufte über seinen Grab Dornengestrüpp auf. Lag der Delinquent auf dem Rücken, so steckte man ihm ein Rohr in den Mund, nicht um ein Atmen zu ermöglichen, sondern um der Seele die Möglichkeit zu geben, auszufahren (Seelenloch). In engster Verbindung zum Lebendigbegraben stand das Pfählen. Nach dem Begraben wurde ein Pfahl in die Grube und durch den Gerichteten getrieben. Dies geschah einerseits wieder aus Aberglauben um eine Wiederkehr des Toten zu erschweren, andererseits aber um den Tod rasch eintreten zu lassen. Darüber hinaus hatte das Pfählen noch die Bedeutung einer spiegelnden Strafe für den Notzuchtverbrecher, wobei die Frau, welche Opfer seiner Tat war, die ersten drei Schläge ausführen durfte, den Rest erledigte der Henker.
Lebendigbegraben und Pfählen gehörten aber nicht zu den oft angewandten Strafen und verschwanden mit dem Beginn der Neuzeit fast ganz aus dem Strafgebrauch.“
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Der „Beginn der Neuzeit“ ist nun so genau nicht zu definieren. Er liegt nach einschlägiger Literatur in der Zeit zwischen Mitte des 15. Und der Mitte des 17. Jahrhunderts (frühe Neuzeit). Die Strafe des „Lebendibegrabens“ dürfte aber nach anderen Quellen nach 1600 kaum noch ausgesprochen bzw. ausgeführt worden sein. Allerdings ist im Landkreis Kronach ein weiterer Fall in Stockheim aus dem Jahr 1604 bekannt, wo man diese Strafe über eine Kindsmörderin verhängte. Sie wurde allerdings dann zu einer „milderen“ Todesart „begnadigt“.

„Auf Frauen, vorzüglich Schwangere, wurde Rücksicht genommen. Barbara Georg sollte wegen dreifachen Kindsmordes lebendig begraben werden. Der Bischof bestimmte, daß sie mit dem Schwert hinzurichten und der Körper auf das Rad zu legen sei, mit glühenden Zangen und Wasser sei sie zu verschonen; zum Exempel sollte jedoch durch den Nachrichter zwei Tage vor der Exekution „ein grab und Stickhel (Pfahl oder Pflock) offentlich gemacht“, nachher aber das gemilderte Urteil verlesen werden“.5

Es blieben also vornehmlich die zweite Hälfte des 16. Und die ersten Jahre des 17. Jahrhunderts als „Tatzeit“ übrig. Nun gibt es aber noch eine recht merkwürdige Quelle, die einen Hinweis auf dieses Ereignis geben kann und die so viele erstaunliche Parallelen bietet, dass man kaum davon sprechen kann, dass dieses auf Phantasie oder Zufall beruht. In der Chronik der Stadt Kronach von Georg Fehn ist das Protokoll des ersten „formvollendeten Hexenprozesses“ Kronachs im Jahr 1594 niedergeschrieben. Darin findet man Erstaunliches:6

„Barbara Zaupffin, Ceorg Zaupffens Wittib, von Cronach hatte auf zweimalige gütliche und peinliche Befragung“ (Folter) eine Anzahl Diebstähle eingestanden. Von Zauberei ist dabei nichts vermerkt. Erst beim dritten Verhör am 12.9. bekannt die Angeklagte auf die von Bamberg aus übersandten und vorgehaltenen Artikel: „an Ostern vor 2 Jahren sei sie zu der „Tünischenn kochinn geinn Herzfeldt bei Tuchel gelegen, zur Herberg eingezogen, wo sie 6 Wochen gewohnt habe. Die Köchin soll sich in Erfurt aufhalten, wo ihr Friederich von Thunn (Friedrich von Thüna der Jüngere, Herr auf Burg Lauenstein) ein Häuslein gekauft habe, weil sie wegen Blutschande und zweifachem Kindsmord flüchten musste. Seitdem sei sie nicht mehr nach Herzfeldt gekommen.

Wegen Nahrungssorgen konnten Beide nicht viel miteinander reden. Sie habe ihr Lebtag kein Wetter gemacht, aber die Thünische Köchin habe zwei grüne Steine gehabt von der Größe eines Hühnereis, die sie in das Wasser gelegt, und dann mit zwei Quirlen gequirlt und etliche Worte dazu gesprochen hat, worauf Wolken aufgeschossen und ein Wetter entstanden ist.
Da der Wein heuer im Frühling erfroren sei, hätten die Thünische Köchin und Margret von Judenbach das kalte Wetter unter einem Schiff bei Bamberg gemacht. Wie sie ihn (den Zauber) getan, das konnte sie nicht sagen, aber das genannte Zeug, hatte die Thünische Köchin bei ihr gehabt. Danach seien die Köchin und Margreta von Judenbach von Bamberg herauf gegangen, hätten im „pingertleinn“ (wohl Biergarten) bei Kronach in der Woche Exaudi (Woche vor Pfingsten) ein Feuer geschürt. Die Margret von Judenbach habe eine Grube gegraben, die zwei grünen Steine aufeinander geschlagen und es habe Feuer gegeben. Danach habe sie auch gequirlt und gesagt, „ich will einn kelt machen, das die muhlenn sollenn einpacken“. Sie wäre nicht mehr bei dem Wetter zu Erfurt, dann bei zwei Frösten zu Bamberg und Kronach gewesen. Zu Blanckenberg hätte die Tunische Köchin auch ein Wetter gemacht, sie wäre aber nicht dabei gewesen, sie hätte ihr nur davon gesagt (erzählt).
Sie kenne sonst keine Zauberin als die Thünische köchinn, und Margret von Judenbach. Die Thünische köchinn soll sich jetzt zu Bamberg auf dem Kaulberg bei ihrem Schwager aufhalten, und wohl gekleidet bürgerlich einhergehen. Sie habe sonst nichts gesehen, als die zwei grünen Stein und zwei Quirle.

Das erste Mal, sei sie mit der Tunischenn kochinn vor 3 Jahren zu Erfurt gewesen und bei Kranichfeld auf dem Feld gangen. Es wäre ihnen einer begegnet, der wäre bekleidet gewesen, wie ein Bauersmann. Der habe der Köchin Geld gegeben. Da sie nun das Geld empfangen habe, hätte er ihr mit einem „Pfriemen“ oder Ahle in die Ferse des linken Fußes gestochen, dass das Blut heraus geflossen sei. Er habe das Blut auf einem Papier gefasst und es der Tünichenn kochinn gegeben. Sie solle damit nach Erfurt zu den „Schnorren“ gehen, und einen Brief davon schreiben lassen. Ob nun solches geschehen sein, wüsste sie nicht. Der Satan feinde sie nicht an, und sie hoffe, dass sie wieder lebendig werde, wenn sie täglich fleißig bete.

Das andere Mal, heuer im Frühling wäre der böse Feind um zehn Uhr vormittag im „pigenhoff“ (Bienenhof) bei dem Backofen der kochinn, Margreta von Judenbach und ihr „verhafftinn“ (der Verhafteten) in Gestalt eines Menschen, schwarz gekleidet, erschienen, und hätte zu ihnen gesagt, der Wein werde heuer wohl geraten, deswegen habe er befohlen, sie sollten eine Kälte machen, dass erfröre, oder er wolle ihnen die Hälse brechen.

So hätten sie seinem Gebot folgen müssen, aber sie “verhafftinn“ (Verhaftete) habe nur zugesehen, und nichts dabei getan. Sie hätte nicht gewusst, dass der, so mit den beiden Zauberinnen geredet habe, der böse Feind (Teufel) gewesen sei, „aber do erh hinwegk kommen, het eine gesagt, sahest du nicht darauf, das ehr geiß fuß hette“.

Auf den 18., 19., 20., 21., 22., 23. Und 24. Artikel wolle die Verhaftete nichts bekennen, fürgebend, sie sei für sich selbst keine Zauberin und habe sich diese Dinge nie angemaßt.

Am 24.9.1594 kam von Bamberg der Befehl, die „Zaupffin vff einenn karrenn“ dahin zur Hofhaltung schaffen zu lassen. Der Ausgang des Prozesses ist unbekannt. Es dürfte aber als sicher gelten, dass die Angeklagte nicht mehr zurückgekehrt ist; denn das in Kronach abgelegte „Geständnis“ war schon hinreichend zum Scheiterhaufen.6

Der Wahrheitsgehalt eines unter der Folter erpressten „Geständnisses“ ist wohl mehr als fragwürdig. Dennoch tauchen in dieser abenteuerlichen Geschichte erstaunliche Aussagen zu der Gestalt der Köchin der Herren von Thüna auf Burg Lauenstein auf, die sich zumindest in Bezug auf den Jahrzehnte später dokumentierten Kindermord mit Überlieferung decken.

Geschah diese Tat um 1590? Ereilte zu Beginn der 1590er Jahre die Täterin die auf Kindsmord stehende Strafe des Lebendigbegrabens und Pfählens an der Grenze der Herrschaft Lauenstein, hoch über der Burg Lauenstein? Vieles spricht dafür.

Rührte die Vollstreckung einer selten angewandten, grausamen Strafe die Volksseele im weiten Umkreis so auf, dass dieses Ereignis selbst in den phantasierenden, unter der Folter erpressten Aussagen eines Hexenprozesses einen Niederschlag fand? Viele Fragen, die letztendlich nicht vollständig aufzuklären sind.

 

Dass aber dieses „Ereignis“ wirklich stattgefunden hat, dürfte unzweifelhaft sein. Schon allein der Flurname ist dafür ein sicheres Indiz. Die Entstehung solcher Namen ist kein Zufall.
Erstmals taucht er im Titel einer Grenzbeschreibung aus dem Jahre 1659 auf: „Von der Frauen Grabe an, bis zu den zweyen Geleytsteinen uf der Judenbacher Strasse beym Sattelgrund. Anno 29. Augusti bis 1. Septembris 1659“.7

Die nächste Erwähnung ist die eingangs zitierte Grenzbeschreibung von Martin Frank aus dem Jahr 1665, wo im Titel „von der Köchin Grab“ und im Text vom „Frauengrab“ die Rede ist.3 Ebenso wurde die Örtlichkeit auf einer dazugehörigen Karte von Martin Frank als „Frauengrab“ bezeichnet.8 Auf einer Karte des Amtes Lauenstein um 1700 findet man das „Köchin Grab“9 und auf einer Grenzkarte der Ämter Lauenstein und Probstzella ist die Stelle 1756 mit „Bey. der Köchin Grab“ bezeichnet.10 Auch auf der preußischen Militärkarte des Fürstentums Bayreuth von 179911 und einer auf deren Grundlage gezeichneten Karte des Landgerichts Lauenstein aus dem Jahr 1804 findet sich die Flurbezeichnung „Köchingrab“.12

Bis ins beginnende 19. Jahrhundert hinein war also dieser eigentümliche Flurname in amtlichen Karten und Dokumentationen gebräuchlich. Dann geriet er allmählich in Vergessenheit. Nur in der Sage lebte er weiter.

 

Quellen:

1 Messmer, Erhard: Sagen und Sänge vom Lauenstein und Loquitztal. Erstausgabe: Verlag Fischer und Franke, Berlin 1902

2 StBbg. Rep. A222/2;0Nr. 7052a. Zinsregister der Herrschaft Lauenstein 1501.

 

 

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